LuPa.Blog #1 – Die Auswirkungen einer Insolvenz auf das Mietverhältnis: Rechte und Pflichten der Vertragsparteien
Vor Abschluss eines Mietvertrags legen beide Parteien großen Wert darauf, die Bonität der jeweils anderen Seite zu prüfen. Während die Insolvenz des Mieters oft als Worst-Case-Szenario angesehen wird, können auch beim Vermieter Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung eintreten, was für Mieter problematisch sein kann. In beiden Fällen stellt sich die Frage, wie sich die Insolvenz auf das Mietverhältnis auswirkt und welche Rechte den Beteiligten zustehen.
Das Mietverhältnis bleibt nach Insolvenzeröffnung grundsätzlich bestehen
Die Insolvenzordnung (InsO) regelt klar, was mit Mietverhältnissen im Falle einer Insolvenzeröffnung geschieht. Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO bleiben Mietverträge über Grundstücke und Räume mit Wirkung für die Insolvenzmasse bestehen. Der Insolvenzverwalter tritt anstelle der insolventen Mietpartei in das Mietverhältnis ein (§ 80 Abs. 1 InsO), wodurch das Mietverhältnis zunächst fortgeführt wird.
Insolvenz des Mieters: Kein automatischer Kündigungsgrund für den Vermieter
Im Falle der Insolvenz des Mieters darf der Vermieter den Mietvertrag nicht allein aufgrund der Insolvenzeröffnung kündigen. Auch bei Zahlungsrückständen, die vor der Insolvenzantragstellung entstanden sind, ist eine außerordentliche Kündigung unzulässig. Zum Schutz des Mieters sieht § 112 InsO eine Kündigungssperre vor. Erst wenn nach der Antragstellung ein Rückstand von mindestens zwei Monatsmieten entsteht, greift das allgemeine Kündigungsrecht nach den mietrechtlichen Bestimmungen.
Ein besonderes Gestaltungsrecht steht dem Insolvenzverwalter des Mieters zu: Gemäß § 109 InsO kann dieser in bestimmten Fällen den Mietvertrag außerordentlich kündigen, Forderungen vom Insolvenzverfahren ausschließen oder – bei noch nicht überlassener Wohnung – vom Vertrag zurücktreten.
Besonderheiten bei Gewerbeimmobilien
Auch bei gewerblichen Mietverhältnissen gilt, dass diese nicht wegen vor der Insolvenzantragstellung entstandener Mietrückstände fristlos gekündigt werden können. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist jedoch eine fristlose Kündigung möglich, wenn neue Rückstände in Höhe von mindestens zwei Monatsmieten entstehen (§§ 108 InsO ff.).
Darüber hinaus hat der Insolvenzverwalter ein Sonderkündigungsrecht: Er kann langfristige Gewerbemietverträge ungeachtet der vereinbarten Laufzeit mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende kündigen (§ 109 Abs. 1 InsO). Dies geschieht vor allem dann, wenn der Geschäftsbetrieb nicht fortgesetzt wird.
Die kurze Kündigungsfrist stellt Vermieter jedoch oft vor Herausforderungen, da eine Nachvermietung in dieser Zeit schwer umsetzbar ist. Zudem werden Ansprüche wegen Schäden oder nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen häufig nur als einfache Insolvenzforderungen behandelt und entsprechend geringfügig befriedigt. Um sich abzusichern, sollte der Vermieter nach Bekanntwerden der Insolvenzeröffnung den Zustand der Mietsache dokumentieren.
Insolvenz des Vermieters: Rechte des Mieters
Wird über das Vermögen des Vermieters ein Insolvenzverfahren eröffnet, bleibt das Mietverhältnis ebenfalls gemäß § 108 Abs. 1 Satz 2 InsO bestehen. Ein Sonderkündigungsrecht des Insolvenzverwalters ist in diesem Fall nicht vorgesehen.
Wird das Mietobjekt während des Insolvenzverfahrens verkauft, etwa durch den Insolvenzverwalter oder im Rahmen einer Zwangsversteigerung, erhält der Erwerber ein Sonderkündigungsrecht (§ 111 InsO bzw. § 57a ZVG). Dieses erlaubt die Kündigung des Mietvertrags mit gesetzlicher Frist, wobei die Kündigung bis zum dritten Werktag eines Kalendervierteljahres für das Ende des nächsten Kalendervierteljahres ausgesprochen werden muss (§ 580a BGB). Gewerbliche Mieter können sich durch die Eintragung einer Mietersicherungsdienstbarkeit vor solchen Risiken schützen.
Für Wohnraummietverhältnisse gelten strengere Regeln: Der Erwerber kann nur unter den Voraussetzungen der §§ 573, 573d BGB kündigen, etwa bei Eigenbedarf.
Fazit
Nach einer Insolvenzeröffnung bleibt das Mietverhältnis grundsätzlich bestehen. Die rechtlichen Herausforderungen, die sich daraus ergeben, sind jedoch vielfältig. Ob auf Mieter- oder Vermieterseite – eine sorgfältige Prüfung der Umstände des Einzelfalls, insbesondere im Hinblick auf zeitliche Abfolgen von Forderungsentstehung, Antragstellung und Verfahrenseröffnung, ist unerlässlich. Nur so lassen sich optimale Strategien für die jeweilige Partei des Mietverhältnisses entwickeln.
Veröffentlicht am 4. Januar 2025
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